Buch des Monats März II 2019

Eiscafé Europa

„Wie könnte Widerstand heute aussehen?“ So beginnt der Klappentext zu Enis Macis neuem Essay „Eiscafé Europa“. Dabei könnte man meines Erachtens nach noch präziser fragen mit „Wie könnte der Widerstand der Frauen heute aussehen?“, denn immerhin nimmt Maci in diesem Essay vor allem weibliche Akteurinnen  ins Visier. Pickt sich Situationen heraus und seziert sie fein säuberlich, so dass am Schluss durch Macis präzise Zerlegung etwas sichtbar wird, dass auf den ersten Blick verborgen bleibt. Wenn sie etwa die Bildsprache der hippen Instangram-Poster-Girls der Identitären Bewegung  analysiert, die darin Sohpie Scholl-likende Muttis mit hohen Werten mimen, oder rotzig-witzige Kriegerinnen, so arbeitet Maci fein-säuberlich das gewaltsame Kalkül und die Instrumentalisierung hinter der  IBster-Maske heraus.

Wieder und wieder gelingt es Maci  in den acht Essays mit nachbohrenden Fragen, die keine einfachen Antworten verlangen, Masken fallen zu lassen. Dabei werden zahlreiche Facetten beleuchtet, die viele „Aha“-Momente entstehen lassen. Aus feministischer Perspektive ist es vor allem reizvoll zu verfolgen, wie Maci die Beobachtungen zu ihren Akteurinnen und auch die Einblicke in autobiografische Szenen  immer wieder in den gesellschaftlichen Kontext des Patriarchates stellt, ohne dabei vorschnelle Urteile zu fällen.

Sobald man in die Gedankenwelt der Enis Maci eingestiegen ist, fällt es schwer sich ihren Beobachtungen, die wie ein Strom dahinfließen, zu entziehen. Das Büchlein empfiehlt sich für alle, die an den aktuellen Phänomenen europäischer Gesellschaft und am Diskurs über Widerstand interessiert sind, vor allem auch für jene, die mehr über die „Neue neue Rechte“ (so nennt sie Enis Maci) erfahren möchte. Hilfreich um die Lektüre genießen zu können, ist es jedenfalls, sich auf Macis Beobachtungen einzulassen, wie beim Betrachten eines Aquariums, ohne auf simple Erkenntnisse zu warten. DS

 

Enis Maci (2018): Eiscafé Europa. Essays. Suhrkamp Verlag, Berlin