Bleiburg
Für ein alternatives Erinnern an die Vergeltungsaktionen – gegen den Missbrauch der Erinnerung
Was geschah in Bleiburg? Im Jahr 1945 verfolgten die siegreichen jugoslawischen Partisanen die mit dem Nationalsozialismus am Balkan kollaborierenden Truppen nach Norden. Diese versuchten im kärntnerischen Bleiburg in englische Kriegsgefangenschaft zu gelangen, was die Engländer ablehnten. Dadurch gelangten sie in die Hände der Partisanen, die sich in massiver, überwiegend ungesetzlicher Weise rächten. Seriöse Forschung spricht von einer Opferzahl von bis zu 70.000.
Ab Anfang der 90er-Jahre machte der aufkommende kroatische Nationalismus das Gedächtnis an Bleiburg zu einer für den neuen Staat konstitutiven Erinnerung, an den Gedächtnisfeiern in Bleiburg nahmen in der Folge bis zu 30.000 Personen teil. Im Jahr 2016 wurde die Öffentlichkeit durch einen ORF-Bericht aufgerüttelt, bei dem Teilnehmer Hitler-Grüße, Ustascha-Abzeichen und ähnliches in die Kameras hielten – eine Kommission des Innenministeriums verurteilte im Jahr 2021 die Gedächtnisfeier mit scharfen Worten.
Das Projekt ist eine kroatisch-österreichische Kooperation und beschäftigt sich unter anderem mit dem Problem, wenn Erinnerung zu einem Faktor der Polarisierung wird, wenn sie das Rad aus Erinnerung und Vergeltung anstößt und beschleunigt. Im Fall Bleiburg kann die Situation vereinfacht so gesehen werden, dass demjenigen, der massives Unrecht beging, selber Unrecht zugefügt wurde, er Genugtuung fordert und dabei neues Unrecht begeht, indem er die Untaten des faschistischen, kroatischen Ustascha-Regimes relativiert, zuweilen sogar rechtfertigt und nationalistische Feindbilder kultiviert.
Diese Gemengelage führt zu einer Polarisierung, die zwar keineswegs nur negative Seiten hat, die aber der Sache zu wenig gerecht wird. Ob mit dieser Polarisierung konstruktiv umgegangen werden kann, sodass am Ende eine Erinnerung geschieht, die Zusammenleben und Koexistenz fördert statt sie unterminiert: Das ist der Ausgangspunkt für die Aktivitäten dieses Projektes.
Beteiligte: Austrian Centre for Peace, Documenta Zagreb, H.C.Kelman-Institute, Internationaler Versöhnungsbund, Hrvatski kulturni i documentarni centar/Kroatisches Kultur und Dokumentationszentrum Eisenstadt